• BERICHTE

    die WOBAG in Schwedt und drumherum!

Momente der Gemeinsamkeit schaffen

Schwedt/Oder.  Was tun, wenn man den geliebten Partner, mit dem man über 50, 60 Jahre zusammengelebt hat, eines Tages plötzlich nicht mehr wiedererkennt? Wie damit umgehen, wenn er sein Wesen verändert und aggressiv wird, wo er sonst ein Lächeln schenkte? Wie den Verdacht kanalisieren, es könnte mehr als nur Schussligkeit sein? Und wie die Diagnose verkraften, die wie eine schwarze Wand vor der Zukunft steht, wenn plötzlich klar ist, dass die Demenz Einzug gehalten hat in der Partnerschaft?

All diese Fragen kennt Katrin Rieger. Sie werden ihr oft bang gestellt, in der Hoffnung auf Hilfe. Wenn schon nicht auf Heilung, dann doch damit, wie mit der Krankheit umzugehen ist, um die verbleibende Zeit so lebenswert wie möglich zu gestalten. Zum einen für den Erkrankten, zum anderen auch für die Angehörigen, die rat- und hilflos zusehen müssen, wie sich der Partner, Ehemann, Ehefrau, Vater, Mutter, Großvater, Großmutter immer mehr entfernt, weil sich sein inneres Ich langsam auflöst, obwohl er ja doch noch da ist.

„Das ist schwer und ohne Hilfe kaum zu leisten“, sagt Katrin Rieger. Sie weiß, wovon sie spricht, denn sie leitet seit bereits 15 Jahren die Demenzberatungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes in der Felchower Straße 13 in Schwedt. „Wichtig ist, so früh wie möglich die entsprechenden Hilfsangebote zu nutzen, wie wir sie beispielsweise unterbreiten. Denn ohne Hilfe schaffen es die meisten nicht, die Herausforderungen, die Demenzerkrankungen mit sich bringen, zu meistern“, sagt sie. Zu den Hilfsangeboten, die sie unterbreiten kann, gehören umfassende Beratungen, an wen man sich wenden kann, wie die entsprechenden pflegerischen Leistungen beantragt werden können, wie man am besten mit dem sich schleichend, aber unaufhaltsam verändernden Partner umgehen kann. „Demente leben in ihrer eigenen Welt. Es hilft nicht, ihnen zu widersprechen, mit ihnen zu diskutieren. Es hilft nur zu versuchen, sich in sie hineinzuversetzen. Wie geht es mir als gesundem Menschen, wenn ich beispielsweise das Portemonnaie verlegt habe und es suchen muss? Wie mag es dem Partner gehen, wenn ich ihm ständig signalisiere, was er alles nicht mehr kann? Wie gehe ich mit meinen eigenen Emotionen um, die zwischen Ratlosigkeit und Verzweiflung schwanken? Wie gelingt es, trotz der Erkrankung, schöne Momente der Gemeinsamkeit und Erinnerung zu schaffen? Über all das reden wir mit den Angehörigen“, sagt sie. Und die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstelle unterbreiten auch Hilfsangebote für die Patienten selbst.  „Wir laden sie zu Treffen bei uns ein, wo sie mehrmals in der Woche mehrere Stunden bei uns verbringen können, wir basteln gemeinsam oder trainieren leichte Gedächtnisübungen. Wir ermöglichen es den Angehörigen, während dieser Stunden einmal durchzuatmen“, berichtet Katrin Rieger.

Auch Behörden, Einrichtungen und gesellschaftliche Institutionen, die von Amts wegen mit Demenzerkrankungen umgehen müssen, berät sie. „Wir führen in Zusammenarbeit mit der Alzheimergesellschaft Demenzpartnerkurse durch, beispielsweise mit der Polizei, mit anderen Behörden, aber auch mit den großen Vermietern unserer Stadt. Denn es ist gerade wichtig, dass auch sie sensibilisiert werden, dass beispielsweise die Hausmeister der WOBAG, die in ihren Kiezen einen engen Kontakt zu ihren Mietern pflegen, erkennen, wenn ein Mieter sich verändert, wenn er beispielsweise verwirrt wirkt, um die Angehörigen darauf aufmerksam zu machen. Gerade bei allein wohnenden älteren Menschen ist das wichtig, um Hilfsangebote unterbreiten zu können, um das soziale Netzwerk zu aktivieren“, erklärt Katrin Rieger. „Ich habe bei meinen Kursen festgestellt, dass unsere Vermieter in Schwedt schon sehr gut aufgestellt sind und viele Knöpfe schon richtig gedreht haben. Sie arbeiten mit den Betreuungsbehörden oder dem sozialpsychiatrischen Dienst zusammen. Sie tun schon das, was rechtlich möglich ist, um jemandem zu helfen.“, sagt sie. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es rechtliche Grenzen gibt. Man kann niemanden zwingen, Hilfe anzunehmen. „Die Freiheit, in der wir leben, schließt auch die Freiheit zu verwahrlosen ein, solange andere nicht gefährdet werden“, sagt Katrin Rieger. „Umso wichtiger ist es, aufmerksam zu sein und immer wieder Hilfsangebote zu unterbreiten, bis sie dann vielleicht doch einmal angenommen werden.“

Mit ihrer Arbeit will Katrin Rieger nicht zuletzt Menschen mit Demenz eine Stimme geben. „Und wir freuen uns über jede Hilfe, die wir erhalten, über jede Spende, die unsere Arbeit erleichtert“, sagt sie. Von der WOBAG hat die Beratungsstelle anlässlich ihres 15jährigen Bestehens beispielsweise eine Spende in Höhe von 150 Euro erhalten. „Wir werden sie wohl dafür nutzen, um mit unseren Patienten, die wir betreuen, einen Ausflug zu unternehmen. Wer einmal an einem solchen Ausflug teilgenommen und die glücklichen Gesichter der Ausflügler gesehen hat, der weiß, wie wichtig solche Angebote sind“, sagt sie. „Auch wenn die Teilnehmer am nächsten Tag schon gar nicht mehr wissen, wo sie waren. Es geht im Umgang mit Demenzkranken um den Augenblick, um den jetzigen Moment, den sie glücklich erleben. Festhalten kann man solche Momente ohnehin nicht.“

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