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    Feste feiern mit der WOBAG Schwedt

„Als wäre ich bei mir selber zu Besuch“

Mieter der ersten Genossenschaftshäuser erinnern sich an Anfänge

Sie waren um die 20 oder schon etwas älter, als sie in die ersten fertiggestellten Häuser der Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft einzogen, die in der
Lindenallee entstanden waren. Inzwischen sind fast sechzig Jahre vergangen. Jetzt sind sie 80 Jahre alt und älter. Und sie wohnen immer noch in ihren
Wohnungen, die sie damals im Erstbezug übernahmen. Wärme aus der Heizung, fließend Wasser, auch warm, aus den Wasserhähnen, ein Bad in der
Wohnung.

„Ich habe mich damals in den ersten fünf Wochen so gefühlt, als wäre ich bei mir selber zu Besuch.
Ich konnte es gar nicht fassen, dass diese Wohnung jetzt mit gehören soll“

erinnert sich Ursula Nickel. Sie hatte zuvor zur Untermiete in Schwedt gewohnt, die Zimmerwirtin war nett, aber irgendwie war es doch nicht ihr eigenes.
Davor war sie jeden Tag von Blumenhagen mit dem Fahrrad nach Schwedt gefahren. In Blumenhagen hatte ihre Familie – sie waren Kriegsflüchtlinge
– Quartier gefunden. „Ofenheizung, morgens war es kalt, Plumpsklo über den Hof und das Wasser wurde aus der Handpumpe in Eimer gepumpt, die
in die Küche gestellt wurden. Im Winter waren sie morgens von einer Eisschicht überzogen“, erinnert sich Ursula Nickel. Im Vergleich war es purer Luxus, was sie in Schwedt in ihren ersten und immer noch einzigen eigenen vier Wänden erwartete.

Luxus in der aufstrebenden Oderstadt

Ursula Nickel und ihr Mann Günter sowie Elisabeth Schön und ihr Mann Werner gehörten zu den Mietern und Genossenschaftern, die 1961 in den ersten
Wohnblock der Genossenschaft ziehen konnten. „Natürlich sind wir vorher schon oft um die Baustelle gezogen und haben uns vorgestellt, wie schön
es wohl sein wird, dort endlich wohnen zu können“, sagt Elisabeth Schön. Sie hatte bis dahin in Heinersdorf gewohnt, bei ihren Schwiegereltern. „Es
war ähnlich wie bei Ursula Nickel“, sagt sie. „Beengt und im Winter kalt.“ Elisabeth Schön arbeitete im Schwedter Krankenhaus als Krankenschwester, ihr Mann als Schlosser im Wohnungsbaukombinat, er war einer derjenigen, die mit dafür sorgten, dass in Schwedt schnell viele Wohnungen gebaut werden konnten. Ursula Nickel hatte Großhandelskauffrau bei der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft (BHG) gelernt und wechselte dann zu Rohtabak. Ihr Mann Günter war als Gleisbauer in der gesamten Republik unterwegs. Der Lebensmittelpunkt für alle war Schwedt. Und ihre Wohnungen.

„Ich habe es als großes Glück empfunden, eine solche Wohnung mein Eigen nennen zu können

erinnert sich Günter Nickel. Es passte alles: Die Arbeit war gut, in der Stadt drehten sich die Baukräne, es ging vorwärts und die Stadt war jung. „Es war eine tolle Aufbruchsstimmung damals, wir hatten die Hoffnung, dass es besser werden wird“, erinnert sich Ursula Nickel. Von der Lähmung und dem Niedergang, die die späte DDR erfassen sollte, war damals nichts zu spüren. „Wir waren zwar nicht euphorisch, doch zufrieden, wir waren mit dem zufrieden, was wir hatten“, sagt Werner Schön.

Zweieinhalb Zimmer reichen für Familie mit Kindern

Und sie waren jung. Vor den Häusern und in den Hausfluren standen damals etliche Kinderwagen. „Als wir hier einzogen und unsere Nachbarn gesehen
haben, haben wir gesagt, wir sind die jüngste Straße in der ganzen Republik“, erinnert sich Ursula Nickel. „Damals habe ich gesagt, wenn wir hier
wohnen bleiben, sind wir in 60 Jahren die älteste Straße der Republik.“ So ist es fast gekommen. Zwar gab es Weg- und Zuzüge, auch jüngere Mieter
zogen ein. Dennoch: Die Kinderwagen, die einst in den Hausfluren standen, sind längst von Rollatoren abgelöst worden. „Es ging so wahnsinnig schnell.
Rückblickend, wenn man alt ist, staunt man, wie schnell doch die Zeit vergangen ist“, sagt Ursula Nickel.

Sie wohnen in – nach heutigem Verständnis – kleinen Wohnungen: Zweieinhalb Zimmer, aber immerhin, Küche und Bad zwar schmal, aber mit Fenster
versehen. Anders als die späteren Plattenbauten des P-2-Typs, die in Schwedt vieltausendfach aufgebaut worden waren. Die Ehepaare sind zufrieden
mit dem Wohnraum, den sie haben. Mehr haben sie nie gebraucht. Familie Schön hat eine Tochter, die sie hier aufzogen, Nickels sind kinderlos geblieben. „Es gab aber auch Familien mit mehreren Kindern, die mit dem gleichen Raumangebot klargekommen sind“, sagt Elisabeth Schön. „Wir waren damals ja auch anspruchsloser“, ergänzt ihr Ehemann Werner.

Hausgemeinschaft trinkt zusammen Kaffee auf dem Flur

Der Blick dieser beiden Familien reicht zurück über Jahrzehnte. Mit ihren Kinderfüßen standen sie im zweiten Weltkrieg, sie haben die Entbehrungen der Aufbruch, sie haben hart gearbeitet, und zu den ersten Früchten, die sie ernten durften, gehörten ihre Wohnungen. Da störte es auch nicht, wenn sie in den ersten Monaten noch über Sandwälle und Holzbretter laufen mussten, um über die Baustellenkrater zu ihrem neuen Zuhause zu gehen.

Es war ihre Heimat. Und ihr Sehnsuchtsort. „Wenn wir in den Urlaub gefahren sind, haben wir uns vorher nicht darüber unterhalten, sondern was wir alles machen werden, wenn wir wieder hier sind“, sagt Ursula Nickel. „Ich war einmal zur Kur in Karlovy Vary und hatte eine solche riesige Sehnsucht nach Hause, dass mich sogar der Kurarzt darauf angesprochen hatte“, ergänzt Elisabeth Schön. Es war ja auch nicht nur das Wohnen, es war d

ie
Gemeinschaft. „Ihr hattet ja so eine tolle Hausgemeinschaft, die war damals in aller Munde“, sagt Elisabeth Schön zu Ursula Nickel. „Wir haben
manchmal alle zusammen Kaffee im Hausflur getrunken, aber ihr hattet ja einen richtigen Party-Keller.“ „Ja, das stimmt“, entgegnet Ursula Nickel. „Wir hatten damals den Waschmaschinenraum in einen Gemeinschaftsraum umgewandelt und dort gefetet, es war legendär.“

Schwedt ist heute noch Stadt zum Wohlfühlen

Zu dieser Legende gehört, dass es diese Art von Zusammenhalt nicht mehr gibt, wie sie übereinstimmend feststellen. „Das ist Geschichte, das wiederholt
sich nicht.“ Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sie sich in Schwedt immer noch sehr wohlfühlen. „Die Stadt ist unglaublich sauber. Die Häuser
wurden wunderschön saniert. Und obwohl auch viel abgerissen werden musste, sind sehr neue schöne Quartiere entstanden“, sagt Ursula Nickel. „Wir
freuen uns jedenfalls schon sehr auf das neue Haus der WOBAG, das an Stelle des alten Schwedter Rathauses entsteht.“

Matthias Bruck

Interview Frau Belling

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